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24. August 2018Robert Fleuter
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Oracle-Datenbank im Software-Lizenz-Audit: Indirekte Nutzung als Kostenfalle?

Aggressiver Druck durch Oracle in der Compliance-Prüfung: Mit hochkomplexer und undurchsichtiger Lizenzpolitik im Bereich Indirekte Nutzung versucht Oracle, ihre Kunden zunehmend zur Kasse zu bitten. Warum? Es sollen neue Umsatzquellen erschlossen werden. Dies versucht Oracle im Lizenz-Audit u.a. mit dem Argument „Indirekte Nutzung“.

Wo ist der Anwender angeblich unterlizenziert?

Es geht um die korrekte Lizenzierung der Oracle-Datenbank (DB). Anwender-Unternehmen haben häufig ein Primär-System, z.B. SAP ERP, auf einer Oracle DB im Einsatz. Diese DB soll hier als ausreichend lizenziert unterstellt werden. Daneben existiert eine individuelle unternehmensspezifische Anwendung (nachfolgend „Drittsystem“), die ebenfalls auf einer Oracle DB läuft. Hier setzen die Versuche zusätzlicher Umsatzgenerierung im Oracle Lizenz-Audit an.

Typisches Anwender-Szenario bei Lizenzprüfung

Das Drittsystem erledigt Aufgaben, nachdem das Primär-System einen entsprechenden Auftrag erstellt hat. Für diesen Auftrag generiert das Primär-System eine Datei ggf. automatisch, also ohne jeglichen manuellen Nutzerzugriff. Diese wird auf ein System gestellt, welches sich als Middleware (ggf. Netzlaufwerk) zwischen dem Primär- und dem Drittsystem befindet. Letzteres greift dann – ebenfalls automatisch – auf das Zwischensystem zu und liest die Daten in die Oracle DB der individuellen Anwendung ein.

Nach erfolgter Verarbeitung im Drittsystem (z.B. Erzeugung von Prüfdaten) werden die resultierenden zusätzlichen Stammdaten (z.B. das Ergebnis einer Analyse) automatisch an das Primär-System zurückübertragen. Und zwar auf demselben Weg, ebenfalls mittels automatischem Datentransfer über das Zwischensystem.

Dort im Primär-System wird dann die erarbeitete Information z.B. im jeweiligen Materialstammsatz eines Produkts abgelegt. Damit ist diese Information für alle User des Primär-Systems verfügbar.

Frage: Darf Oracle dafür zusätzliche Lizenzforderungen erheben?

 

Oracle im License Audit: Das ist als Indirekte Nutzung vergütungspflichtig!

Oracle setzt das Unternehmen oft mit der Behauptung unter Druck, die User des Primär-Systems bräuchten zusätzliche Oracle-Lizenzen auch für das individuelle Drittsystem. Mit diesen drei Lizenzierungsprinzipien als angebliche Anspruchsgrundlage konfrontiert Oracle ihre Kunden:

  • Import/Export of Flat Files
  • Multiplexing
  • Batch Processing.

Behauptung: Import/Export of Flat Files

Diese Methode erlaubt das Importieren und Exportieren von Daten aus Flat Files in die Oracle DB mit Hilfe von Import- bzw. Exportroutinen. Unternehmen sollten zunächst kritisch hinterfragen, ob denn bei ihnen überhaupt Daten aus Flat Files importiert oder exportiert werden.

Gibt es eine offizielle verbindliche Definition von Flat File? Das ist nicht erkennbar. Oracle scheint aber die Existenz eines allgemeingültigen Verständnisses vorauszusetzen und gibt in Dokumenten eine kurze beispielhafte Aufzählung. Sind die beim Kunden konkret verwendeten Files denn als Flat Files einzuordnen? Dies sollte individuell analysiert und nicht nur Oracle´s Behauptungen überlassen werden.

Ein behaupteter Vergütungsanspruch kann ggf. auch am Fehlen eines manuellen Prozesses beim Datentransfer scheitern, der laut Oracle-Regeln Voraussetzung ist. Ein Benutzereingriff seitens einer natürlichen Person ist im Ausgangsfall angesichts der automatisierten Abläufe nicht gegeben.

Behauptung: Multiplexing

Dazu müsste eine größere Anzahl von Personen oder Geräten auf ein System mit einer Oracle DB zugreifen, und zwar alle über ein und dasselbe Interface, dem Multiplexer. Im Ausgangsfall greifen jedoch die zu betrachtenden Nutzer des Primär–Systems lediglich auf eben dieses Primär–System zu. Sie bleiben also innerhalb desjenigen Systems, für welches sie ohnehin bereits ausreichend bzgl. der Oracle DB lizenziert sind. Sie greifen in dem betrachteten Szenario gar nicht über ein Interface auf ein anderes System – auch nicht auf das Drittsystem – zu. Das typische Kriterium für Multiplexing dürfte wohl kaum vorliegen.

Behauptung: Batch Processing

Erforderlich ist hierfür ein Datentransport „… from computer to computer where the database is running …“. Einzelne Bündel von Arbeitsvorgängen in zusammengefasster Form werden zwar zeitgleich abgerufen. Die Bündel werden jedoch jeweils zeitlich versetzt, also zu unterschiedlichen Zeitpunkten und damit sequentiell transportiert. Hier sollte die Anwendbarkeit des behaupteten Vergütungsprinzips zunächst unter dem Gesichtspunkt hinterfragt werden, dass angesichts der zwischengeschalteten Komponente keine direkte Kommunikation mit dem Drittsystem stattfindet.

Die Variante des manuellen Batching kommt gemäß dem Ausgangs-Szenario kaum in Betracht, da die Vorgänge nicht durch menschliches Eingreifen ausgelöst werden. Angesichts der automatisierten Abläufe zwischen dem Primär- und dem Drittsystem ist ausschließlich die Variante des sog. „automatic batch“ zu betrachten. Auf Basis der technischen Konstellationen scheinen die Voraussetzungen für Automatic Batch Processing wohl erfüllt: Zeitgleicher und automatisierter Datentransfer in einzelnen Batches, und zwar ausgelöst ohne menschliches Eingreifen.

Für den Anwender ist wichtig zu wissen, dass laut Oracle-Regeln in diesem Fall keine zusätzlichen Lizenzen erforderlich sind, falls die Oracle DB im Drittsystem gemäß der Metrik „Named User Plus“ (NUP) lizenziert ist.

Sind Lizenzverträge immer wörtlich zu nehmen?

Es stellt sich die Frage nach der Rechtswirksamkeit. Vor einem vergütungspflichtigen Zukauf von Lizenzen sollten Unternehmen dies genau prüfen: Ist das ins Feld geführte Lizenzierungsprinzip überhaupt als wirksamer Bestandteil des betreffenden Software-Kaufvertrags juristisch haltbar? Ein spezialisierter IT-Jurist wird den genauen Wortlaut und den Regelungszweck in vertraglichen Vereinbarungen individuell analysieren. Es sind diejenigen Lizenzbestimmungen heranzuziehen, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des betreffenden Software-Kaufvertrags aktuell waren.

Die Lizenzbedingungen sind von der Rechtsnatur her AGB und unterliegen der Wirksamkeitskontrolle gemäß §§ 305 ff. BGB. Nachfolgende Unwirksamkeitsgründe sind denkbar: Unzulässige überraschende Klausel, unangemessenen Benachteiligung, Verstoß gegen das Transparenzgebot. Möglicherweise sind die konkreten Nutzungshandlungen des Unternehmens, für welche Oracle eine lizenzpflichtige Nutzung behauptet, in Wirklichkeit eine bestimmungsgemäße Benutzung im Sinne des Urheberrechts. Damit wären sie zulässig und vergütungsfrei.

Wie soll der Anwender im Oracle Lizenz-Audit reagieren?

Unternehmen sollten sich nicht vorschnell einschüchtern lassen. Sie sollten eine genaue Analyse ihrer IT-Konstellationen und der Oracle-Lizenzregeln vornehmen. Es kann sich bezahlt machen, Spezialisten im Bereich Lizenzberatung und Lizenzrecht von außen zur Forderungsabwehr einzubinden. Insbesondere sollten Unternehmen sich nicht zur vordergründigen Beruhigung mit der Behauptung „Indirekte Nutzung“ ungerechtfertigt zur Kasse bitten lassen. Die Ruhe könnte nur vorübergehend wirken, trügerisch sein und weitere Vorwürfe nach sich ziehen.

Robert Fleuter

Dr. Robert Fleuter ist Mitgründer von BLC Rechtsanwälte. Zuvor hat er rechtsberatende Funktionen in der IT-Industrie ausgefüllt, und zwar bei Oracle und bei einem SAP-Partner, dort in der juristischen Gesamtverantwortung. Den Vertrieb hat er in zahlreichen Vertragsverhandlungen mit namhaften Unternehmen begleitet und war Mitglied eines Audit-Teams.

Seine über 20-jährige Expertise im Softwarerecht gibt er auch als Dozent an Hochschulen weiter, wo er berufstätige Fach- und Führungskräfte in den Studiengängen Wirtschaftsinformatik und IT-Management (MBA) weiterbildet.

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